Historische Motorradmarken, Übersicht und von AJS bis CZ
Viele meiner Homepage-Besucher werden nicht so vertraut mit Motorradnamen vergangenen Zeiten sein. Und nicht alle werden sich gleich Bücher kaufen, um etwas über die Geschichte dieser Motorräder zu erfahren. Ich möchte daher im Laufe der Zeit hier über die wichtigsten Marken ein paar Infos bringen - natürlich nur in Kurzform! Vielleicht wird daraus einmal eine (fast) vollständige Übersicht längst vergessener Motorradmarken, vielleicht bleibt es auch nur bei einer kleinen Übersicht. Wichtig ist mir, an die Pionierleistungen in der Motorradtechnik zu erinnern - ohne die mühevolle Entwicklungsarbeit in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wäre der Stand der Technik heute noch ein anderer.
Zur Aussprache englischer Motorradmarken
Zu diesem Thema fand ich in der "Österreichische Auto-Rundschau",
Ausgabe 22. Februar 1930, folgende "Anleitung":
A.J.S. ä dsche es |
A.J.W. ä dsche döblju |
Alcyon alsion |
Ariel äriel |
Ascot äscot | Brough Superior bröf supirior |
B.S.A. bi es ä |
Calthorpe kalthorp* |
Cheater-Lea tscheterli |
Cotton kottn |
Coventry Eagle kowntri igl |
Douglas döglas |
Excelsior exelsior |
Grindlay-Peerless grindli pirless |
Harley-Davidson harli devidsn |
Henderson hendersn |
Ivy eiwi |
Indian indien |
James Levis tschäms lewis |
Matchless mätschless |
New Gerrard nju scherard |
New Imperial nju impiriel |
New Henley nju henli |
Norton nortn |
O.K. Supreme o ki söprim |
P. and M. pi änd em |
Quadrant quädrant |
Raleigh rali |
Rex-Äcme rex akmi |
Royal-Enfield royel enfild |
Rudge-Whitworth rötsch uitwörth * |
Sun sön |
Sunbeam sönbim |
Triumph treiömf |
Velocette velosett |
Zenith senith* |
• Das th ist wie ein gelispeltes d auszusprechen.
Liste der von mir kurz beschriebenen Motorradmarken
Neben den von mir etwas beschriebenen Marken, gab es früher eine Unzahl von Marken, die heute längst vergessen sind. Es würde zu weit führen, sie alle hier anzuführen. Aber anhand des "österreichischen Motorradmarkts 1929", liste ich noch jene liste ich noch jene Marken auf, die ich nicht auf meinen Seiten beschreibe:
A.J.W. - A.K.D. - Ascot-Pullin - Aristos - Automoto - Baker - Calthorpe - Coventry Eagle - Cleveland - Delta Gnome - Dollar - Dot - D-Rad - Dunelt - Elite-Diamant - Ernst-Mag - Forster - G.D. Ghirardi - Gillet Herstal - Grindlay-Peerless - Henderson - H.R.D. - Humber - James - Krammer-Motorrad - L.A.G. - Levis - "M" - La Mondiale - Monet & Goyon - Montgomery - M.T. - New Henley - New Hudson - New Imperial - N.U.T. - O.E.C. - O.K.-Supreme - P. & M. Panther - Radco - Radior - Raleigh - René Gillet - REx Acme - Royal Enfield - Rush - Smart - Soyer - Super X - Terrot - Titan - Tornax - York
Hier nun die Übersicht meiner beschriebenen Marken:
Adler
Adler, 1886, Deutschland, Heinrich Kleyer gründete in Frankfurt a. M. die 'Adler-Fahrradwerke'. Bereits 1899 begann das Unternehmen mit der Herstellung von Dreiradwagen und Automobilen. Sie waren mit De Dion-Motoren ausgestattet. 1901 begann man auch Motorräder zu produzieren, noch mit Motoren einer französischen Firma. Erst 1903 wurde erstklassige eigene Motoren-Konstruktionen eingebaut. Den Automobilen des Unternehmens eilte ein hervorragender Ruf voraus, dass 1907 sogar der Motorradbau eingestellt wurde. Und zwar bis nach dem Zweiten Weltkrieg - Adler stellte keine Automobile mehr her, begann aber wieder mit dem Motorradbau.
Alle Adler-Zweitakter hatten Flachkolben und Umkehrspülung, das 250er Modell brachte es auf 16 PS. Später wurden auch noch Motorroller angeboten. 1957 wurde das Unternehmen von Grundig übernommen und die Produktion eingestellt.
AJS
AJS, 1897, Großbritannien, Albert John Stevens war einer der fünf Stevens-Brüder, die in einem kleinen Betrieb in Wolverhampton hochwertige Maschinenteile herstellten. 1909 gründeten dann drei Brüder die Firma A.J. Stevens & Co Ltd, die in der Motorradgeschichte der nächsten 50 Jahre eine prominente Stellung einnehmen sollte. Erstmals 1921 bahnte sich bei der TT auf der Insel Man eine Sensation an: Mit einer 350er AJS, die 120 km/h Spitze lief, siegte Eric Williams im Junior-Rennen nicht nur überlegen, sondern auch die Plätze, zwei, drei, vier, sechs und acht gingen an AJS! In der Nachkriegszeit wurde die AJS "Stachelschwein" u. a. durch Jock West und seine Rennerfolge berühmt. Die "Boy Racer" wurde eines der erfolgreichsten Rennmodelle aller Zeiten.
1965 wurde die letzte Sportaktivität des Werkes eingestellt und 1968 das Werk endgültig stillgelegt.
Ardie
Ardie, 1919, Deutschland; Ende 1919 entstand in einer kleinen, einfachen Landmaschinen-Werkstatt in Nürnberg das erste Ardie-Motorrad, geschaffen von Werkmeister Arno Dietrich. Es hatte drei PS bei 2 000 U/min mit einem 305 cm³-Motor. 1922 verunglückte Dietrich bei einer Probefahrt tödlich. Ende der 1920er Jahre baute man mit 950 Reichsmark das billigste 500-cm³-Motorrad Deutschlands. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden noch bis zum Einbruch in der deutschen Motorradinstustrie - das war 1958 - Motorräder.
Im Rennsport blickte Ardie mit T.T. Siegen in Österreich und Ungarn sowie anderen Rennerfolgen auf eine große Zeit zurück.
Ariel
Ariel, 1902, Großbritannien, das wohl ungewöhnlichste und bekannteste Modell der von 1902 bis 1966 in Birmingham (GB) produzierenden Firma war die "Square Four": das war jenes Vierzylinder-Modell, das erstmals von der orthodoxen Machart war, bei welcher die vier Pötte in Längsrichtung im Rahmen saßen, abwich: die Zylinder waren im Quadrat angeordnet! Dadurch kam das Modell mit einem wesentlich kürzeren Radstand aus. Die Firma Ariel entstand eigentlich bereits 1892 und ging 1902 aus einem Verschmelzungsprozess mehrerer kleiner Firmen hervor. 1965 wurde die Produktion eingestellt.
Der Ire Sammy Miller sorgte dann noch gegen Ende der relativ langen Geschichte dieses Unternehmens für große sportliche Erfolge im Trial. Er gewann mit der Trial-500-cm³-ohv-Einzylinder fünfmal hintereinander die Britische Trialmeisterschaft und war zweimal Gesamtsieger bei der Schottischen Sechstagefahrt.
Bekamo
Bekamo, 1922, Deutschland; in Berlin begann 1922 Hugo Ruppes in Berlin mit der Herstellung seines eigenen Motorrades, Bekamo. Schon vorher war er bei anderen Motorradfirmen tätig, u. a. schuf er 1919 den ersen Zweitaktmotor für DKW. Bekamo-Einbaumotoren wurden auch an andere Motorradhersteller geliefert. Die Bekamo gehörte damals zu den besten deutschen Zweitaktern. Jahrelang errangen verschiedene Rennfahrer großer Erfolge mit Bekamo-Motorrädern.
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der 1920er Jahren zwangen dann Ruppes seine Produktion 1925 nach Rumberg in die Tschechoslowakei (heute Tschechien) auszulagern.
Hugo Ruppes, der wohl einer der größten deutschen Konstrukteure im Motorradbau war, starb 1946 in Zschopau.
Benelli
Benelli, 1911, Italien, "Mama" Theresa Benelli versammelte 1911 ihre sechs Söhne und beschloss, eine technische Firma zu gründen. Diese fertigte dann ab 1920 auch die noch heute bekannten Motorräder. Das erste Motorrad hatte 98 cm³ und war ein Zweitakt-Motor. In den Dreißiger Jahren waren die Benelli-Motorräder stets auf den vorderen Plätze zu finden, neben Moto Guzzi und den englischen Marken. 1951 verunglückte beim "Großen Preis von Frankreich" in Albi Ambrosini auf Benelli tödlich, worauf hin sich das Unternehmen aus dem Grand-Prix-Sport zurück zog.
Bianchi
Bianchi, 1897, Italien, eine der ältesten italienischen Motorradmarken, schloss 1967 seine Pforten. Eduardo Bianchi, der Firmengründer, baute 1897 eine Art Hilfsmotor für ein Fahrrad, 1900 das erste Bianchi-Automobil und 1903 schließlich das erste Motorrad. Berühmte Fahrer wie Tazio Nuvolari, Dorino Serafini oder der Schotte Bob McIntyre verhalfen der Marke zu großen sportlichen Erfolgen.
BMW
BMW, 1917, Deutschland, die in München beheimatete Bayerischen Motoren-Werke AG begann 1920 mit dem Bau von Einbaumotoren. 1922 folgten das Flink-Zweitakt-Leichtkraftrad und das Helios-Motorrad. Erst 1923 brachte das Unternehmen mit seinem ersten eigenen Motorrad unter dem Namen BMW auf den Markt. 1923 erschien die BMW R 32, die bereits alle technischen Merkmale der folgenden BMW-Motorräder aufwies: den quergestellten, zweizylindrigen Blockmotor sowie den Kardanantrieb zum Hinterrad. Sie war vom technischen Direktor von BMW, Dr. Ing. Max Friz konstruiert worden. 1924 folgte ein ähnliches Model von Dipl.-Ing. Rudolf Schleicher entwickelt.
Seit 1929 baute BMW "das schnellste Motorrad der Welt". Im Straßenrennsport brachte ihr jedoch erst die 1935 entstandene Konstruktion von Oberingenieur Schleicher den Durchbruch an die Spitze. 1938 errang Schorsch Meier mit einem BMW 500 Kompressor Werk-Rennmodell den Europameistertitel und gewann 1938 die Senior TT als erster Ausländer auf einer nicht-englischen Maschine. Auch Ernst Henne brach mit BMW-Maschinen zahlreiche Weltrekorde.
Schon vor dem Zweiten Weltkrieg baute die Firma Rennmodelle für Privatfahrer. Das letzte 1939 unter der Bezeichnung R 51 RS. Diese konnten jedoch nie zu den Leistungen der überlegenen Kompressor-Werkmaschinen aufschließen. Erst mit dem 1954 vorgestellten Modell RS 54 gab BWM auch den Privatfahrern ein Sportgerät in die Hand, das den technisch fast völlig gleichen Werk-Rennmodellen ebenbürtig war.
Neben Henne gab es noch viele andere Werks- und Privatfahrer mit BMW wie Karl Gall, Toni Bauhofer, Hans Soenius, Otto Steinfellner, Jock West, Wilhelm Noll, Walter Zeller, Ernst Riedelbauch, Ernst Hiller, Hans Baltisberger, Max Deubel, Kurt Mansfeld (alle Deutschland), John Surtees, Fergus Anderson, Geoff Duke (alle GB), Gerold Klinger (Österreich), die zahlreiche Erfolge errangen.
Brough
Brough, 1902, Großbritannien, Williams Eduard Brough, Mechaniker und Elektriker, baute seinen ersten Wagen schon 1898, es folgte ein Motor-Dreirad mit einem französischen De-Dion-Motor, bevor er 1902 das erste Motorrad "All Brough" konstruierte. In der Zwischenkriegszeit zählte diese Marke wohl zu den teuren und sicherlich besten Motorrädern bis 1940 ihre Produktion eingestellt wurde. Sein Sohn George baute dann in seiner eigenen Firma von 1921 an die "Brough Superior", den "Rolls Royce unter den Motorrädern", berühmtester Besitzer einer solchen war wohl der britische Offizier Thomas Edward Lawrence (von Arabien). Und 1929 erreichte Herbert Le Vack mit 207,73 km/h Weltrekord, 1937 sorgte Eric Fernihough mit 273,244 km/h wieder für einen Weltrekord auf Brough. Zwei berühmte Wiener Brough-Fahrer der 20er Jahre waren der später berühmte Sportfotograf Lothar Rübelt und der spätere Motorenprofessor Robert Eberan Eberhorst. Auch der berühmte Verhaltensforscher Prof. Dr. Konrad Lorenz, ebenfalls aus Wien zählte zu den begeisterten Fahrer dieser Marke.
BSA
BSA, 1861, Großbritannien, Birmingham Small Arms hieß die Firma, die aus einem zunächst losen Zusammenschluss von 14 Meister-Waffenschmieden in Birmingham am 17. Juli 1861 gegründet wurde. Zunächst produzierte sie Waffen, allerdings musste man sich mangels genügender Kriege um andere Produkte umsehen. Da waren dann Fahrräder, aus denen dann im Herbst 1910 das erste BSA-Motorrad hervor ging.
Im Jubiläumsjahr von Englands König George V, 1935, - er feierte sein silbernes Regierungs-Jahr, brachte BSA aus diesem Anlass die "Empire-Star"-Modelle auf den Markt. Am 30. Juni 1937 trat der eigentlich sich bereits aus dem Motorsport zurück gezogene große englische Rennfahrer Wal Handley mit einer dieser Modelle zu einem bedeutungslosen Clubrennen auf der Brooklands Bahn an. Und obwohl mit einem Handicap von 9 Sekunden gegenüber den anderen starten musste, überholte er in den drei Rennrunden das gesamte Feld und gewann mit einer Schnittgeschwindigkeit von 102,27 mph (164,55 km/h); wobei seine schnellste Runde einen Schnitt von 107,57 mph (173,08 km/h) aufwies. Es war die Geburtsstunde der "Gold Star", so genannt nach dem Goldenen Stern, den jeder Fahrer erhielt, der eine Runde auf der Brooklands-Bahn in England mit einem Schnitt von mehr als 100 Meilen (160 km/h) schaffte.
Das „Gold Star“ Modell war dann nach dem Krieg das erfolgreichste Privatfahrermodell bei der englischen TT: 1950 waren von 93 Startern in der „Clubmann TT“ 41 BSA, 1952 - 71 „Gold Stars" bei 92 Startern und belegten 16 Plätze innerhalb der ersten 20. 1961 wurde die Produktion von „Gold Star“ Maschinen eingestellt, angeblich zu Gunsten der „Triumph Tiger 100“.
1964 und 1965 gelang es BSA dann nochmals in der Motocross-Weltmeisterschaft zweimal mit Jeff Smith den Titel zu holen. 1971 gewann man mit einer 750-cm³-Neukonstruktion sogar noch die berühmten „200 Meilen von Daytona“. Dann folgte ein finanzieller Abstieg, der 1973 im Verkauf an die Norton-Villiers-Triumph-Gruppe endete.
Mein Vater war Anfang der 1950er Jahren begeisterter BSA-Rennfahrer und hatte in seiner Heimatstadt Vöcklabruck auch die BSA-Vertretung.
Bücker
Bücker, 1922, Deutschland; Franz Bücker begann 1922 in Oberursel im Taunus solide und teilweise auch sportliche Motorräder mit Einbaumotoren von 98 bis 1 000 cm³. Diese kleine Firma, die bis Ende der 1950er Jahre bestand, zählte jahrelang zu den besten Motorrad-Konfektionären Deutschlands. Das Unternehmen baute nie billige Massenware, sondern fertigte alles handwerksmäßig an. So betrug 1934 der Preis einer zweizylindrigen Rennmaschine mit einem 55 PS JAP-Motor 2.400 Reichsmark. 1948 gewann Friedl Schon auf einer Bücker sogar die deutsche Straßenmeisterschaft in der 250 cm³ Klasse.
Chater-Lea
Chater-Lea, 1900, Großbritannien, diese schone 1937 vom Markt verschwundene Motorradmarke baute das erste Motorrad, das die 100 Meilen-Marke (160 km/h) überschritt: eine 350 cm³ Maschine; darüber hinaus war der berühmteste und erfolgreichste Fahrer im Sattel dieser Marke außerhalb Englands ein Österreicher: der Wiener Michael Gayer; er gewann zwischen 1926 und 1930 unzählige Straßen-, Berg- und Bahnrennen; gegründet wurde die Firma 1900 von Herrn William Chater Lea als Direktor.
CZ
CZ, 1922, Tschechoslowakei, bald nach dem Ersten Weltkrieg entstand die tschechische Waffenfabrik Ceska Zbrojovka, kurz CZ genannt; sie gehörte zum Skoda-Konzern und produzierte ab 1931 Fahrrad-Hilfsmotoren mit 76 cm³; ab 1934 gab es dann ein größeres Modell mit eigenem Motorrad-Fahrgestell;
Der von Jaroslav Walter konstruierte und von der Excelsior-Manxman inspirierte ohc-Rennmotor - siehe Foto - entstand 1946, wurde 1950 von CZ in ein eigen entwickeltes Schwingrahmen-Fahrgestell übernommen und ab 1953 auch in 350 cm³ Hubraumklasse gebaut. In Österreich errang damit der Wiener Leonhard Fassl 1953 einen seiner zahlreichen Staatsmeistertitel.
In den 1960er- und 1970er-Jahren machte CZ im Motocross-Sport mit zahlreichen Erfolgen auf sich aufmerksam: 1966, 1967, 1968 gewannen Fahrer auf CZ die Weltmeistertitel, in den 70er Jahren folgten zahlreiche Siege, bevor CZ Mitte der 70er Jahre die Produktion einstellte.
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