Historisches motorsportliches Lexikon mit Daten aus dem Motorrad-Literatur- und Bild-Archiv Mister Rudge Prof. Dr. Helmut Krackowizer

Die Idee zum Anlegen eines bescheidenen historischen Motorsport Lexikons ist mir beim Durchblättern der Zeitschrift "Das Motorrad" gekommen. Genau genommen, des Jahrgangs 1928, Ausgabe Nr. 82, Seite 11 - "Die Bahn der Weltrekorde" (Brooklands).

Nun will ich hier nicht die Abschrift von längst Geschriebenen veröffentlichen, sondern ein paar interessante Daten und Fakten sammeln, über die ich stolpere.

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Daten und Fakten, gefunden beim Blättern in Zeitschriften und Graben im Archiv

Brooklands

Brooklands war eine Rennstrecke südwestlich von London Richtung Küste, die am 17. Juni 1907 eröffnet wurde. Sie wurden in den Jahren 1906 und 1907 von Mister H. F. Locke King († 1927) erbaut. Diese birnenförmige Betonrennstrecke weist eine sonst damals nirgendwo zu findende Breite von 30,5 Meter auf. Die kleine Birnenrundung im Nordosten wies einen Radius von 304,8 Metern bei einer Überhöhung der Bahn von zehn Metern auf. Die entgegengesetzte südwestliche Rundung hatte einen Radius von 457,2 Metern bei einer Fahrbahnüberhöhung von acht Metern. Die Gesamtlänge der Rennstrecke betrug 4 452 Meter, wobei die längste Gerade 1.005,5 Meter maß.

Im Inneren der Bahn befand sich ein Flugfeld mit mehreren Hangars. Jedes Jahr, meist im Winter, wurde die Bahn für etwa drei Monate geschlossen, um Schäden an der Betonfahrbahn auszubessern.

Auf dieser Rennbahn wurden über drei Jahrzehnte Rekorde gefahren. So beispielsweise am 5. September 1928: eine Standard BSA fuhr vier Langdistanz-Rekorde durch 9, 10, 11 und 12 Stunden mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 63,68 km/h. Alle zwei Stunden wurde die Maschine zum Tanken und Fahrerwechsel angehalten. Im selben Jahr, am 12. September stellte Staniland auf einer Excelsior-Jap 246 cm³ mehrere Weltrekorde auf, u.a. fünf englische Meilen mit fliegendem Start mit 155,53 km/h Schnitt; 1928 hielt Saroléa mit 181,763 km/h einen Weltrekord auf einer 500 cm³-Maschine über fünf Kilometer.

Es gab auch Damenrennen, wie beispielsweise im Winter 1928/29, an dem zehn Damen teilnahmen. Miss M. Ruffel gewann dieses Rennen auf einer 346 cm³ Grindlay-Peerless mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 125,296 km/h.
Quelle "Das Motorrad", Jahrgang 1928, Nr. 82, 83, Jahrgang 1929, Nr. 89

Depot

Depot war die frühere Bezeichnung für "Boxe", also jenen Ort im Start- und Zielbereich, wo man nachtanken und Kerzen wechseln konnte. In diesem Depot konnte ein Depotgehilfe sein, der allerdings während der gesamten Renndauer das Depot nicht verlassen durfte. Andernfalls würde der Rennfahrer disqualifiziert werden. Überwacht wurde ein Depot von Depotfunktionären.
Quelle "Das Motorrad", Jahrgang 1929, Ausgabe 92

Gymkhana

Das war (und ist auch noch heute) ein sportlicher Geschicklichkeitswettbewerb, die in den 1920er und 1930er Jahren sehr beliebt waren. Man fuhr dabei mit dem Motorrad. Zu den damaligen Aufgaben zählten beispielsweise Wippe-, Wasserglas-, Regenschirmfahren, Ringaufstecken, Abbremsen vor einer Papierwand, Fahren einer vorgezeichneten S-Kurve und Pendelstafetten.
Quelle "Das Motorrad", Jahrgang 1928, Ausgabe 77

Kilometer Lancé

Das war eine Schnelligkeitsprüfung in Österreich, die in der Neunkirchner Allee, südlich von Wien, in Niederösterreich, stattfand. Und zwar zwischen Kilometerstein 47 bis 52. Für den Anlauf waren zwei Kilometer geplant, die Messstrecke betrug einen Kilometer, der Auslauf wieder zwei Kilometer. Die Messstrecke musste je Richtung einmal durchfahren werden. Der Rekordversuch musste innerhalb eines Zeitraums von zehn Minuten, vom Beginn des ersten Durchfahrens, bis zum Ende des zweiten gerechnet, erfolgen. 1929 fand diese Veranstaltung am 21. April statt.
Quelle "Das Motorrad", Jahrgang 1928, Ausgabe 88

Lap of honour

Im Rahmen des ältesten Motorradrennens der Welt, der Tourist Trophy, das seit 1907 auf der Insel Man in der Irischen See gefahren wird, gibt es diese Lap of honour ("Ehrenrunde"). Bei dieser Ehrenrunde dürfen nur Motorräder gefahren werden, mit denen früher einmal ein Rennen gewonnen wurde. Die bayrische Motorradrennfahrerlegende Georg Schorsch Meier fuhr eine solche 1979 auf seiner BMW-Siegermaschine von 1939; Helmut Krackowizer nahm 1990 mit einer Rudge 500 teil, mit der der Engländer Wal Handley 1930 die Senior TT gewonnen hatte.

Montlhéry

Diese Rennstrecke befand sich bei Paris in Frankreich. Auch sie wurde immer wieder Schauplatz von Rekordfahrten. So zum Beispiel 1928. Am 1. September begannen dort die 24-Stunden-Rekordfahrten. Die Norton-Fahrer Spring, Denly und Driscoll fuhren dabei 2.622,120 km in 24 Stunden mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 109,255 km/h. 1929 stellte die belgische Marke Gillet aus Herstal-les-Siège 32 neue Rekorde auf. Darunter mit einer 750 cm³ auf 500 Kilometer mit einer Schnittgeschwindigkeit von 15,958 km/h. Quelle "Das Motorrad", Jahrgang 1928, Nr. 81, Jahrgang 1929, Nr. 89

Mont Ventoux

Auf den Mont Ventoux, einen Berg in Südfrankreich, wurde das erste Bergrennen der Welt veranstaltet (Datum reiche ich bei Gelegenheit nach). Die Rennstrecke war 21,6 km lang und hatte eine maximale Steigung von 13 Prozent.
1928 fuhr Boetsch mit einer französischen 350 cm³ Magnat-Debon-Maschine einen neuen Rekord in einer Zeit von ? - fehlt in diesem Artikel! Jedenfalls fuhr Hommaire auf Monet-Goyon 175 cm³ eine Zeit von 22:15,0 (58,25 km/h Schnitt). Quelle "Das Motorrad", Jahrgang 1928, Ausgabe 81

Motorball-Match

Fußball-Match im Sattel von Motorrädern, das gab es in den 1920er Jahren. So z. B. am 30. September 1928 in Breitenfurt: Österreich - England, England gewann 10:1 (4:0). Im Detail spielte "Coventry Motor Cycle Football-Club" gegen "Österreichische Motor-Rennfahrer- Vereinigung"; beide Clubs fuhren mit AJS 350 cm³ ohv Motorrädern;
Die englische Mannschaft, gegründet 1924, war bis 1928 ungeschlagen und blickte auf folgende Ergebnisse zurück: 1924: 10:0; 1925: 62:5; 1926: 149:19; 1927: 136:14; Quelle "Das Motorrad", Jahrgang 1928, Ausgabe 80 und 84

Rennen

Die erste Geschwindigkeitskonkurrenz dürfte am 23. Juli 1894 auf der 126 Kilometer lange Strecke von Paris nach Rouen, Frankreich, stattgefunden haben. Urheber war der französische Journalist Pierre Giffard. An diesem Rennen hatten 102 teilgenommen. Eine der Folgen dieses Rennens eine stark steigende Nachfrage nach mit Benzin betriebenen Fahrzeugen.
Quelle "Das Motorrad", Jahrgang 1929, Ausgabe 92

24-Stunden-Fernfahrt(en)

Bei diesem sportlichen Wettbewerb startete man in Österreich von Wien und musste innerhalb von 24 Stunden möglichst die Strecke Wien - Salzburg - Augsburg und retour schaffen. So fuhr beispielsweise 1928 Anton Pospischil auf Ariel 500 1.197,6 km - er kam sogar bis Ulm! Seine vermerkten Durchfahrtszeiten in St. Pölten waren bei der Hinfahrt 20:06 Uhr und Rückfahrt 16:44 Uhr;
Und was nahm da so ein Teilnehmer alles mit? Einen vollständigen Werkzeug-Satz plus Ersatzkettenglied, Manschetten, Ersatzschlauchventil, Draht, Spagat, Gummiringe, Isolierband u.a., dann zum Essen eine Rolle Keks, ein Paket Zwieback, eine Tafel Milchschokolade, 10 dag gedörrte Zwetschgen (Pflaumen), 10 dag Feigen, Kola-Pastillen, eine Feldflasche "Schwarzen" (Tee? Kaffee?), ein Fläschen Cognac (...); und angezogen war man mit hohen Schnürstiefeln, einer wasserdichten Überziehhose, Lederrock, Pullmannkappe, zwei Paar Handschuhe und zwei Brillen hatte man dabei (Hans Schaffler Glössl, 1928, mit AJS 350 cm³);
Quelle "Das Motorrad", Jahrgang 1928, Ausgabe 88

Tandemfahrt

Tandemfahrt war in den 1920er Jahren die gängige Bezeichnung für eine Motorradfahrt zu zweit, also mit einer zweiten Person am Soziussitz. Im ostösterreichischen Raum nannte man solche Motorräder auch Pupperlhutschen.
Quelle "Das Motorrad", Jahrgang 1928, Ausgabe 88

TT

Tourist Trophy (in England auf der Isle of Man) und Touren Trophy in Österreich (in den 1920er Jahren).
Die Klasseneinteilung:
Ultra-Leichtgewicht (Ultra-lightweight): bis 175 cm³ und maximal 50 kg
Leichtgewicht (lightweight): bis 250 cm³ und maximal 60 kg
Junioren (Junior): bis 350 cm³ und maximal 75 kg
Senioren (Seniro): bis 500 cm³ und maximal 80 kg
Interessant zum Beispiel in der Ausschreibung 1929: "...Alle Fahrer müssen männlichen Geschlechtes sein ...
Quelle "Das Motorrad", Jahrgang 1928, Ausgabe 88